3 Szenarien

Szenarien, Kurzgeschichten der Nutzerinnen und Nutzer und Szenario-Workshops

Die Gesellschaft und unsere Politikerinnen und Politiker sind bei der Entwicklung von Strategien zur Bewältigung der Herausforderungen einer älter werdenden Gesellschaft mit vielen und teils gegensätzlichen Prioritäten konfrontiert. Die Ergebnisse und Implikationen unserer Entscheidungen können jedoch schwer antizipiert werden.

Szenarien

In diesem Projekt werden Szenarien als Werkzeug dafür genutzt, um eine Debatte über die Zukunft der Versorgung für ältere pflegebedürftige Menschen anzuregen. Die Szenario-Analyse versteht sich als Prozess, in dem mögliche zukünftige Ereignisse durch das Einbeziehen von alternativ möglichen Ereignissen analysiert werden. Die Szenario-Analyse ist hierbei weder eine Voraussage der Zukunft, noch stellt sie eine kohärente Analyse aller Aspekte einer bestimmten möglichen Zukunft dar. Sie präsentiert vielmehr bewusst verschiedene Alternativen zukünftiger Entwicklungen.

Die Szenarien basieren einerseits auf Erfahrungen, die während eines Szenario-Workshops im Jahre 2008 in Norwegen[1] gemacht wurden, und andererseits auf den Diskussionen mit einer Gruppe von Interessenvertreterinnen und –vertretern (Stakeholder) aus den teilnehmenden Ländern.

Kurzgeschichten der Nutzerinnen und Nutzer

Um Bewusstsein über die Entscheidungen, die wir heute fällen, zu schaffen und um diese greifbar zu machen, wurden Kurzgeschichten von Nutzerinnen und Nutzern erstellt. Dabei handelt es sich um drei Geschichten, in denen der Alltag von vier Individuen im Jahr 2025 beschrieben wird. Sie werden Guido, Elfriede und das Ehepaar Hilla und Franz kennenlernen.

Die Kurzgeschichten sollen zur Reflexionen anregen  und Debatten provozieren. Die schnell fortschreitende Entwicklung der Technologien wird uns viele Chancen eröffnen, aber auch vor viele Herausforderungen und ethische Dilemmata stellen. Probleme und Themen, die mit dieser Entwicklung einhergehen, sind in den Kurzgeschichten enthalten.

Szenario-Workshop

Die Szenarien und die Kurzgeschichten der Nutzerinnen und Nutzer in diesem Dokument dienen zur Vorbereitung auf den Szenario-Workshop. Die Szenario-Workshop-Methode ist eine Methode, um Diskussionen über die Zukunft anzuregen und um politische Alternativen in verschiedenen Kontexten zu identifizieren.

Teilnehmerinnen und Teilnehmer in Szenario-Workshops sind in der Regel Stakeholder. In unserem Fall handelt es sich dabei um Akteure, die auch zukünftig eine wichtige Rolle in der Versorgung  älterer pflegebedürftiger Menschen spielen werden. Das sind Interessenvertreterinnen und  vertreter der älteren Menschen und ihrer Angehörigen, Menschen, die im Gesundheitswesen, in Industrie, Forschung und Entwicklung arbeiten, oder Vertreterinnen und Vertreter der lokalen Politik und Freiwilligenorganisationen.

Durch die Beteiligung von Stakeholdern können politische Entscheidungen robuster und sozial akzeptabler gestaltet werden. Des Weiteren können die Stakeholder auf diesem Weg Prozesse mitgestalten, wodurch die Umsetzung und Implementierung von gesellschaftsrelevanten Entscheidungen erleichtert werden kann[2].

Das Ziel des PACITA-Szenario-Workshops ist es, wünschenswerte Visionen davon zu erstellen, wie die zukünftige Versorgung älterer pflegebedürftiger Menschen in Europa, organisiert sein könnte und welche politischen Maßnahmen zu deren Umsetzung notwendig wären. Diese Visionen beruhen auf den verschiedenen Sichtweisen der Stakeholder, die während des Szenario-Workshops diskutiert werden.

Eine Vision im Kontext des PACITA-Szenario-Workshops ist ein Bild einer erwünschten Zukunft in Hinblick auf die Versorgung älterer pflegebedürftiger Menschen. Die Visionen können ethische, soziale und/oder gesetzliche Herausforderungen thematisieren, die während des Workshops identifiziert wurden.

3 Szenarien

Um eine gute Lebensqualität für ältere pflegebedürftige Menschen in der Zukunft zu erreichen, sollten eine Reihe Faktoren berücksichtigt werden, etwa, wie die familiäre Situation der Betroffenen aussieht, ob sie im städtischen oder ländlichen Raum leben, oder ob sie in der Lage sind, am sozialen Leben teilhaben zu können.

Die Szenarien dienen dazu, verschiedene Strategien aufzuzeigen, nach welchen eine Gesellschaft in ihrem Pflegesektor verfahren kann und wie die politischen Entscheidungen wirken.

Diese basieren auf den folgenden möglichen ungewissen Entwicklungen:

  1. Werden zukünftig staatliche oder private Anbieter Pflege anbieten?
  2. Ist das System darauf vorbereitet, dass ältere pflegebedürftige Menschen ihr Leben auf kollektive oder individuelle Lösungen ausrichten?

Bei der Erstellung der Szenarien, im Rahmen des PACITA-Projektes, haben wir uns auf die oben angeführten Fragen konzentriert und sie auf zwei Achsen diskutiert. Ein Extrempunkt auf der waagrechten Achse ist es, wenn die Bundesregierung darüber entscheidet, welche Technologien den älteren pflegebedürftigen Menschen zur Verfügung gestellt werden. Dem  gegenübergestellt ist der andere Extrempunkt. Hier können ältere pflegebedürftige Menschen, über einen freien Markt, selber darüber entscheiden, welche Technologien sie nutzen wollen.  Auf der senkrechten Achse gibt es ebenso zwei Extrempunkte. Im einen Fall helfen freiwillige ältere Menschen, Familien und die Gemeinschaft mit und diese sind gleichzeitig die Hauptressource, die die Pflegedienstleistungen für ältere pflegebedürftige Menschen ermöglichen. Der andere Extrempunkt wäre, dass jedes Individuum sich selbst um seine Pflegeversorgung  kümmern muss.

Die Realität liegt natürlich zwischen diesen Extrempunkten. Um die Auswirkungen von verschiedenen politischen Entscheidungen darzustellen, wurden drei Szenarien entwickelt. Die drei Szenarien entsprechen nicht den oben genannten Extremsituationen, sondern auf einer Kombination der verschiedenen Extreme. Die Verortung der Szenarien in ein Koordinatensystem, je nachdem, welchen Extremen sie entsprechen, ist in der unteren Abbildung dargestellt.

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Die drei Szenarien zeigen, wie sich die Gesellschaft entwickeln kann. Ferner veranschaulichen sie, wie  sich Gesundheitsdienstleistungen unter verschiedenen Rahmenbedingungen  entwickeln können und welchen Einfluss diese Entwicklung auf regionaler Ebene hat. Drei Situationen werden dargestellt, nämlich eine zunehmende Kontrolle durch den Öffentlichen Sektor, ein starker Privatsektor und eine besser organisierte Freiwilligengesellschaft. Die Szenarien zeigen auch, was die regionalen Entscheidungsträger (Länder/Gemeinden) tun können, um die Herausforderungen besser zu bewältigen.

Szenario 1: Eine für alle Situationen passende Lösung

Dieses Szenario basiert auf der Annahme eines zukünftigen Arbeitskräftemangels und beschreibt eine groß angelegte Initiative der Bundesregierung, die Menschen helfen soll, durch den vermehrten Einsatz von Technologien selbständiger zu werden.

Szenario 2: Entscheidungsfreiheit

Dieses Szenario basiert auf der Vorstellung eines neuen Regimes, in dem Menschen mit Betreuungsbedarf  höhere Geldleistungen erhalten und über diese auch selbstständig verfügen können. Es beschreibt eine Gesellschaft, in der Betreuungsangebote auf dem Markt gekauft werden können, welcher eine Vielfalt von Serviceangeboten und technischen Hilfsmittel anbietet. Jeder, der pflegebedürftig ist, hat abhängig vom jeweiligen Gesundheitszustand einen Anspruch auf Leistungen und finanzielle Hilfe.

Szenario 3: Freiwilligengesellschaft

Dieses Szenario basiert auf ehrenamtlich beitragenden Menschen als Schlüsselressource für die Gemeinschaft und füreinander. Der Kreis kann ältere Menschen selbst, ihre Angehörigen, Hilfsorganisationen, Nachbarinnen und Nachbarn, Schülerinnen und Schüler etc. umfassen. Die Rolle der Gemeinden und Länder besteht in der Unterstützung zur Gründung und Koordination entsprechender Freiwilligenorganisationen, welche bei der Versorgung älterer pflegebedürftiger Menschen  eine zentrale Rolle einnehmen.

 


[1] Norwegian Board of Technology, Future ageing, 2009.

[2] Norwegian Board of Technology: Community Dialogue on Research and Technology (in Norwegian), 2008